Bei der Bibliothek handelt es sich um einen Staat von Schriften; im Grunde eine verteilte Lebensform ähnlich eines Ameisen- oder Bienenstaates. Die Bibliothek als Ganzes verfügt über verschiedene Kräfte zu ihrem Selbstschutz, während die einzelne Schrift so gut wie keine eigenständigen Möglichkeiten hat.

Als vordringlichste Aufgaben des Staates wird die Vermehrung und Sicherung des Bestehens angesehen. Dazu kommt eine große Neugier auf die Welt. Die Bibliothek kann sogar den Zugriff auf sich beschränken; dazu stehen ihr geistige Beeinflussungsmöglichkeiten auf andere Lebewesen zur Verfügung. Diese sind um so stärker, je mehr Schriften an einem Ort versammelt sind. Durch diese Beeinflussung kann sie den Wunsch wecken, den Ort der Bibliothek zu verlassen oder den Vorsatz, ihr zu schaden, in den Wunsch, sie zu schützen, umkehren.

Ebenso kann sie veranlassen, dass man sie an einen anderen Ort bringt - oder eben dies verhindern.
Fremde Schriften, die in die Bibliothek gebracht werden, werden assimiliert, wenn sie längere Zeit dort verbleiben; auch hier gilt: je mehr Schriften vorhanden sind, desto schneller geschieht dies. Schriften, die freiwillig der Bibliothek überlassen werden, werden innerhalb kürzester Zeit integriert.

Die einzelnen Teile der Bibliothek sind in der Lage, andere Teile aufzuspüren; es existiert eine Art telepathisches Band zwischen den Mitgliedern, dessen Stärke allerdings mit zunehmender Entfernung schwächer wird. Dadurch ist es der Bibliothek möglich, mit Hilfe von Lebewesen ihren einzelnen Teilen nachzuforschen. Mit Personen, die besonders mit Schriften verbundenen sind, kann die Bibliothek in einfacher Art kommunizieren; solche werden von ihr bevorzugt als Bibliothekare ausgewählt. Hierbei ist zu beachten, dass die Sinneswahrnehmungen einer Schrift sich deutlich von einem Lebewesen unterscheiden. Die unterschiedliche Sichtweise einer Schrift ist dann auch der stärkste Hinderungsgrund bei der Kommunikation, denn eine Schrift kann zwar Aussagen über die Art ihres Ortes machen, dies aber höchstens mit Ausdrücken wie "angenehm warm und trocken" oder "feucht und dunkel" verständlich machen, denn was interessiert sie, was fünf Meter weiter vor sich geht? Allerdings kann sie aufgrund ihrer geistigen Möglichkeiten die Anwesenheit von Lebewesen spüren. So kann die Bibliothek auch außer dem Zustand der verschiedenen Schriften nur die ungefähre Richtung, in der sich andere ihrer Teile befinden, feststellen. Zwischen dem jeweiligen Bibliothekar und der Bibliothek gibt es ein Abkommen, nach dem er die Bibliothek schützt und vor allem durch die Welt geleitet, um dem Wissensdrang der Bibliothek nachgehen zu können. Er stellt Räumlichkeiten zur Verfügung, und leistet diejenigen Dinge, die die Bibliothek nicht selbst durchführen kann, z.B. dem Transport. Auch hilft er ihr beim Schutz gegen die Angriffe des Wetters und anderen aus der Ferne drohenden Schäden.

Als Gegenleistung haben die Bibliothekare jederzeit freien Zugriff auf die Bibliothek und alle Informationen. So wird jedes Teil der Bibliothek geneigt sein, seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben, um in gesicherte Räume zu gelangen und in die Nähe von anderen Teilen der Bibliothek zu kommen, denn Schriften sind sehr schnell einsam und wollen in die Geborgenheit der Menge zurück.

Die Bibliothek selbst versucht sich gegen unerwünschten Zugriff oder direkte Zerstörung durch entsprechende Beeinflussung des feindlichen Lebewesens zu schützen; hierbei reichen bereits 20-30 Schriften aus, um erste Erfolge zu erzielen, bei 100-200 Schriften schaffen es bereits nur noch die Willenstärksten, der Bibliothek unerwünschte Dinge anzutun. Allerdings benötigt der Einsatz dieser Fähigkeit Zeit, so dass sehr schnelle Übergriffe kaum abgewehrt werden können. Die Beeinflussung erfolgt auf rein mentaler Ebene, indem den unerwünschten Wesen einfach der Eindruck eines unguten Gefühls vermittelt wird, bis sie vor lauter Unbehagen von selbst gehen. Erst wenn es darum geht, Schaden abzuwenden, wird die Bibliothek versuchen, die Wesen direkt von ihrem Vorhaben abbringen.

Das Entnehmen von Schriften schwächt die Bibliothek; daher ist dies normalerweise nur mit ihrem Einverständnis möglich. Dagegen mag es sein, dass sie, sofern sie im Ganzen transportiert wird, nichts dagegen hat, und sie dadurch weitere interessante Gebiete kennenlernt. Ob sie jedoch später den Zugriff auf sich erlaubt, ist eine andere Frage. Eine "Königin" gibt es im Staate der Schriften nicht; jedoch scheinen umfangreichere Schriften mehr Macht zu haben als einzelne Seiten. Ebenso scheinen ältere Schriften eher die Gesamtmeinung der Bibliothek zu beeinflussen als neuere. Da das Fehlen jeder Schrift die Bibliothek schwächt, wird sie niemals mit jemanden zusammenarbeiten, der Schriften vernichtet oder in Isolation geführt (sprich sie entwendet) hat.

Zusätzlich zu dem "Verscheuchen" von unerwünschten Lebewesen hat sich zuletzt gezeigt, dass diese später Schriften vermissten, die sie während des Besuchs in der Bibliothek bei sich hatten - und dass man diese in der Bibliothek wiederfand. Als "Strafe" für das unerlaubte Eindringen behält die Bibliothek also die mitgebrachten Schriften und versucht sie zu integrieren. Offenbar rutschen die Schriften einfach aus der Tasche des Trägers, während dieser wegläuft.